DOG kritisiert „renditeinteressengetriebenen Investitionen in die Versorgungsstrukturen“

Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft sieht die Augenheilkunde derzeit mit besonderen wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert und kritisiert in einer öffentlichen Stellungnahme die Ökonomisierung und die damit verbundene Öffnung des Gesundheitsmarktes für Investoren, die „neben einer sicherlich zu beobachtenden Nutzung von Effizienzreserven auch zu nachteiligen Effekten geführt“ habe.

Einem ökonomisch rationalen Verhalten folgend,würden die privaten Mittel zur Optimierung der Renditen insbesondere in Bereiche investiert, die vergleichsweise hohe Deckungsbeiträge aufweisen, was möglicherweise eine Marktsegmentierung verursache. Denn damit bestehe für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) der Anreiz, die von ihnen zu behandelnde Patientenschaft im Hinblick auf den zu erreichenden Deckungsbeitrag vorzuselektieren. Nach Ansicht der Fachgesellschaft wäre die Folge, dass diese Zentren sich auf bestimmte ökonomisch attraktive Eingriffsarten, Krankheitsbilder und Schweregrade fokussieren würden, während die Behandlung der übrigen Patienten eher in anderen Versorgungsstrukturen erfolgen würde – insbesondere solchen, die einen Auftrag der Maximalversorgung zu erfüllen hätten, wo Deckungsbeiträge dann weniger hoch ausfallen oder sogar defizitär werden könnten. „Eine solche Entwicklung ist langfristig nicht nur für die Maximalversorger von Nachteil, sondern gefährdet darüber hinaus auch Forschung und Lehre an den universitären Kliniken“, betont die DOG.

Zudem sei zu erwarten, dass die Renditen, wenigstens teilweise abgeschöpft würden und damit Gelder, die letztlich aus dem Beitragsaufkommen der Versicherten stammten, dem Gesundheitswesen entzogen. Zwar seien ökonomische Ziele auch für Ärzte von Relevanz, aber diese seien im Unterschied zu rein renditeorientierten Interessen „eingehegt durch Berufsordnungen und Marktregulierungen, wie sie das Kassenärztliche System seit langem garantiert“ und bewegten sich „im Spannungsfeld zwischen hippokratischer Verpflichtung und ökonomischen Bedingungen“.

Die Fachgesellschaft sieht „eine Dysbalance im System“, in dem der Wettbewerb um Vertragsarztzulassungen in gewissen Gebieten inzwischen ein Niveau erreicht habe, das es interessierten jungen Augenärztinnen und -ärzten deutlich erschwere, als Selbständige eine Niederlassung zu bekommen. „Damit ist die Niederlassungsfreiheit und die Qualitätssicherung durch freie Patientenzuweisung gefährdet.“

Ein weiterer Wachstum dieser Strukturen könne durch zunehmende strukturelle Veränderungen zu erheblichen Einschränkungen in der Versorgung führen. Die Patientenselektion bewirke Limitationen in Weiterbildung, Lehre und auch Forschung, da bestimmte Patientengruppen und ihre Krankheitsbilder in bestimmten Zentren vermehrt, in anderen aber damit in geringerer Zahl vorstellig werden. In der Folge könnten Zentren, die maßgeblich weiterbilden, forschen und lehren kein ausgewogenes Spektrum an Erkrankungen mehr vorweisen, auch in Zentren, die die Behandlung von Patienten nach Renditegesichtspunkten selektieren, könnte nicht das gesamte Spektrum der Augenerkrankungen in der natürlichen Häufigkeit behandelt werden, befürchtet die DOG und schließt sich folgender Forderung den Stellungnahmen und Vorschlägen des Berufsverbandes der Augenärzte(BVA) und des Spitzenverbands Fachärzte Deutschlands (SpiFa) an: „Die DOG ist der Ansicht, dass die politischen Entscheidungsträger auf den Ebenen von Bund und Ländern diesen Fehlentwicklungen entgegenwirken müssen. Dazu wäre es erforderlich, die Optionen wirtschaftlicher Betätigung im Gesundheitsmarkt so zu regulieren, dass die Verfolgung von in erster Linie renditeorientierten Interessen nicht zu Gefahren für die patientennahe umfassende Gesundheitsversorgung, die Forschung, Lehre und Weiterbildung in der Augenheilkunde führt.“

https://www.spifa.de/wp-content/uploads/2019/01/2019-01-15-SpiFa- Stellungnahme_TSVG_Paragraf95_103_final-1.pdf

Quelle:
DOG

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