DFV: Wartezeiten für GKV-Patienten sind Folge der Gesundheitspolitik

Längere Wartezeiten für GKV-Versicherte seien möglich, resultierten aber aus der jetzt offenen zutage tretenden Rationierung medizinischer Leistungen, erklärte Dr. Thomas Scharmann, Bundesvorsitzender des Deutschen Facharztverbandes (DFV) und Facharzt für Augenheilkunde, anlässlich des von der Uni Köln veröffentlichten Ergebnisses zu den unterschiedlich langen Wartezeiten für Privat- und GKV-Versicherte.

Bild„Die Rationierung ärztlicher Leistungen resultiert aus der politischen Steuerung über Budgetierungen und mehr Wettbewerb unter Ärzten. Zwangsläufig muss sich ärztliches Handeln an ökonomischen Maßstäben orientieren. Hinzu kommt der sich aufbauende Ärztemangel“, stellte Scharmann fest. Über Jahre hinweg hätten die niedergelassenen Fachärzte versucht, ihre Patienten vor den Folgen der Rationierung, der Verknappung medizinischer Leistungen, zu schützen – durch unbezahlte Mehrarbeit infolge nicht honorierter Leistungen über Budgetgrenzen hinweg. Der Druck sei aber jetzt auf die Ärzteschaft zu groß geworden.

Seit 15 Jahren herrsche die Budgetierung ärztlicher Leistungen vor und koste die Ärzte ein Drittel ihres Umsatzes. Leistungen über Budgetgrenzen würden von den Kassen nicht bezahlt, das könnten sich immer weniger Ärzte leisten. Zudem fordere und fördere die Gesundheitspolitik den Wettbewerb zwischen den Versorgungsebenen Klinik und Praxis wie auch unter den Ärzten.- Dies sei ein erster Schritt,der aber nicht zu Ende gedacht worden sei, denn er habe zur Folge, dass Haus- und Fachärzte eine ökonomisch ausgewogene Praxisstruktur ansteuern müssten, um wirtschaftlich zu überleben. Konkret bedeute dies, dass verschiebbare Leistungen unter Budgetbedingungen, also weil nicht vergütet, ins nächste Quartal verschoben würden. Würde der Arzt diese unvergütete Leistung erbringen, müsste er den „betriebswirtschaftlichen Verzehr“ aus eigener Tasche bezahlen. „Wie können und sollen Ärzte den geforderten Wettbewerb umsetzen? Über die Qualität nicht, denn die medizinische Leistung soll für jeden Patienten, egal ob privat- oder gesetzlich versichert, eines Facharztes gleich bleibend hochwertig sein. Selbstredend werden Notfälle immer sofort behandelt. Der Faktor, über den sich Wettbewerb in Arztpraxen etablieren kann, ist die Zeit. Der Wettbewerb läuft jetzt über die zur Verfügung stehende Zeit des niedergelassenen Facharztes“, erklärte Scharmann.

Ein weiterer Faktor, der die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit einer Facharztpraxis bestimme, sei die Zahl der Privatpatienten. Schlecht sei dies für die Praxis, die nicht mischen könne, weil sie keine Privatpatienten habe: „Praxen, die kaum Privatpatienten haben, müssten dies durch eine hohe Fallzahl ausgleichen – also möglichst viele Patienten durchschleusen. Darunter würde die Qualität zu leiden beginnen“, erläutert DFV-Chef Scharmann. „Erst Privatpatienten ermöglichen durch ihre höheren Honorare das Etablieren von Innovationen in Therapie und Diagnostik in den Praxen, die dann eben auch den gesetzlich versicherten Patienten zu gute kommen.“

Auch wenn es in der Presse angezweifelt werde: Es werde, so Dr. Scharmann, den Ärztemangel geben. Beispiel: Ein 70-jähriger Augenarztpatient löse einen um 20fach höheren Behandlungsaufwand aus als ein 40-Jähriger. Unter dem Einfluss des demographischen Faktors resultiere daraus ein Mehrbedarf an Augenärzten um 30 Prozent in den Jahren 2005 bis 2010. „30 Prozent mehr an Augenärzten – das gibt zur Zeit der Markt gar nicht her“, stellte der DFV Vorsitzende fest. Ähnlich verhalte sich auch in anderen Facharztgruppen wie etwa den Urologen.

Privat- und GKV-Versicherte gleichzeitig durch den Arzt behandeln zu lassen, das gehe leider nicht, so Scharmann. „Lauterbach und Co. wollen immer das „Rund-um-Sorglos“-Paket.“ Die Ärzte würden dies gerne leisten, die Kassen können es aber nicht mehr bezahlen, die Politik weicht aus. „Kritik am Gesundheitssystem landet immer bei den Ärzten – letztendlich aber steuern die Kassen und die Politik, welche Leistung noch möglich ist“, stellt DFV-Vorsitzender Scharmann fest.

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