Depression bei Menschen mit Sehschädigung im Alter
Menschen mit einer Sehschädigung weisen unabhängig von Alter, Geschlecht und anderen Faktoren bis zu fünf Mal häufiger eine Depression auf als Personen ohne Sehschädigung. 25 bis 45 Prozent der sehgeschädigten Senioren sind von einer Depression betroffen. Die Prävalenz ist unabhängig vom Schweregrad der Sehschädigung, was bedeutet, dass auch bereits geringe Grade von Sehschädigung eine Depression bewirken können. Dr. Nadja Högner1 (Hannover) und Charlotte Dannehr2 (Berlin) stellen mögliche Ursachen für das Entstehen einer Depression bei sehgeschädigten Menschen im Alter dar.
1 Projektleiterin und Leiterin der Fachbereiche Rehabilitation, Beratung und Taubblindenassistentenqualifikation im Deutschen Taubblindenwerk Hannover gGmbH
2 BA Rehabilitationswissenschaften mit Lehramtsbezug; im MA-Studiengang Sonderpädagogik, Institut für Rehabilitationswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin
Aufgrund des allgemeinen demografischen Wandels und der zunehmend alternden Bevölkerung ist der Anteil an sehgeschädigten Menschen deutlich gestiegen und nimmt auch weiterhin zu. Der altersbedingte Sehverlust gehört zu den zehn häufigsten Erkrankungen bei über 65-jährigen Personen (Glass 2000). Von altersbedingter Sehschädigung sind mindestens ein Fünftel der über 65- und ein Viertel der über 75-Jährigen betroffen (Crews und Campbell 2004; Horowitz et al. 2005). Die Ursachen liegen in natürlichen Alterungsprozessen wie Weitsichtigkeit und Pupillenatrophie sowie in Augenerkrankungen wie altersbedingte Makuladegeneration, diabetische Retinopathie, Katarakt und Glaukom. Sie gehen mit verschiedenen Symptomen wie herabgesetzte Sehschärfe, eingeschränktes Gesichtsfeld oder zentraler Gesichtsfeldausfall, erhöhte Blendempfindlichkeit, herabgesetzte Dämmerungssehschärfe, reduzierte Kontrastempfindlichkeit und Farbsehstörungen einher (Saunders und Echt 2013). Für die Betroffenen ist eine Sehschädigung mit Beeinträchtigungen in Orientierung und Mobilität, selbstständiger Lebensführung, sozialen Kontakten und Freizeitaktivitäten verbunden. Folgen sind häufig soziale Isolation, Verlust der Unabhängigkeit, Beeinträchtigung des psychischen Wohlbefindens und der Lebensqualität. Aufgrund der großen psychischen Belastung entwickeln die Betroffenen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung etwa 25 Prozent häufiger eine Depression (Capella-McDonnall 2009), die trotz der hohen Prävalenz aufgrund mangelnder Diagnostik im Alter häufig unerkannt und damit unbehandelt bleibt (Horowitz 2003).
Mehr dazu im AUGENSPIEGEL März 2017.