Auseinzelung: Landgericht Hamburg entscheidet zugunsten Novartis
In der Auseinandersetzung zwischen dem Pharmaunternehmen Novartis und dem pharmazeutischen Hersteller Apozyt um das Auseinzeln von Lucentis in Fertigspritzen hat das Landgericht Hamburg zugunsten von Novartis entschieden und Aposan den Umfüllprozess und Vertrieb von Fertigspritzen ohne eigene arzneimittelrechtliche Zulassung untersagt (AZ 416 HKO 78/11). Während Novartis in einer Stellungnahme die Entscheidung begrüßt, kündigt Apozyt an, in Berufung zu gehen.
In dem seit über zwei Jahren andauernden Rechtsstreit nach Klage von Novartis hatte das Landgericht Hamburg zu entscheiden, ob der Herstellerbetrieb für die Auseinzelung von Lucentis in Einzelspritzen eine arzneimittelrechtliche Zulassung benötigt. Zur Klärung dieser Frage ersuchte das LG Hamburg auch den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung (AZ C-535/11), der im April 2013 befand, dass Herstellbetrieben das Umfüllen von Präparaten gestattet ist, ohne dass eine neue Zulassung beantragt werden muss, allerdings nur unter folgender Voraussetzungen: Das Umfüllen dürfe nicht zu einer Veränderung des betreffenden Arzneimittels führen und müsse auf Grundlage individueller Rezepte mit entsprechenden Verschreibungen erfolgen. Am 14. Januar entschied nun das Landgericht Hamburg, dass Aposan für den Umfüllprozess eine eigene arzneimittelrechtliche Zulassung benötige, da das Ursprungsprodukt von Novartis verändert würde, so eine Gerichtssprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Apozyt, eine Tochterfirma der Aposan Dr. Künzer GmbH, ist laut dpa-Meldung dazu verurteilt, den Schaden in bislang noch nicht geklärter Höhe zu ersetzen, der Novartis seit Dezember 2010 entstanden ist.
Novartis begrüßt die Entscheidung
In einer Stellungnahme begrüßte Novartis die Entscheidung des Landgerichtes. Damit sei sichergestellt, dass Patienten ein sicheres, wirksames und verträgliches Lucentis gemäß der erteilten Zulassung erhalten würden. Das Gericht sei damit der Position von Novartis gefolgt, wonach die Herstellung von Fertigspritzen durch Entnahme von Teilmengen aus dem Original-Arzneimittel nicht von der zugrundliegenden Zulassung gedeckt ist und dies damit eine Veränderung des Ausgangsprodukts im Sinne des Europäischen Gerichtshof (EuGH) darstellt. Stabilität und Wirksamkeit des Arzneimittels seien im Rahmen des Zulassungsverfahrens nur für das Original-Arzneimittel und für die zugelassene direkte Anwendung am Patienten nachgewiesen, nicht aber für aus diesem hergestellte und sodann gelagerte Fertigspritzen.
Aposan kündigt Berufung an
„Das Urteil steht nicht im Einklang mit der seit Jahren gelebten Praxis“, betont dagegen Dr. Clemens Künzer, Geschäftsführer Apozyt und Aposan. In Deutschland werde etwa die Hälfte der betreffenden Augen-Operationen mit patientenindividuell ausgeeinzelten Fertigspritzen durchgeführt. Neben Lucentis (Wirkstoff Ranibizumab) gehe es in dem Rechtsstreit auch um Avastin (Wirkstoff Bevacizumab), das seit 2006 und damit schon lange vor der Zulassung von Lucentis im so genannten „Off-Label Use“ weltweit von operierenden Augenärzten zur Therapie der AMD angewendet wird. Viele Ärzte setzten hier patientenindividuell ausgeeinzelte Fertigspritzen wie die von Apozyt ein.
Da das Urteil ist noch nicht rechtskräftig sei, könne Apozyt Berufung einlegen. Dann gehe der Fall in die zweite Instanz. Dr. Künzer: „Wir werden Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen, denn wir wollen die bisherige Praxis verteidigen und Klarheit darüber erzielen, dass auch zentral zugelassene Fertigarzneimittel im Einzelfall auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung in sterile Fertigspritzen abgefüllt werden dürfen. Wir meinen, dieses Verfahren, der „Off-Label Use“, gehört zur ärztlichen Therapiefreiheit.“
Quellen:
Novartis/Aposan