Von der Fotosynthese zu neuen Wirkstoffen gegen Augenkrankheiten

Nicht nur Pflanzen und Algen betreiben Fotosynthese. Auch gewisse Bakterien können die Energie des Sonnenlichts für Wachstum und Fortpflanzung nutzen. Forschern, die vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) unterstützt werden, ist es nun gelungen, Vorgänge mit atomarer Auflösung aufzuzeichnen, die sich in einer lichtgetriebenen molekularen Pumpe von purpurroten Halobakterien abspielen. Sie konnten damit die genaue Funktionsweise dieser Pumpe klären, die während Jahren für intensive Debatten sorgte (Nango E. et al (2016). A Three Dimensional Movie of Structural Changes in Bacteriorhodopsin. Science online: doi: 10.1126/science.aah3497). Die Erkenntnisse werden auch helfen, die diesem Protein ähnlichen Fotorezeptoren im menschlichen Auge besser zu verstehen.

Mit einer neuen Technik ist es einer internationalen Gruppe von Forschenden vom Paul Scherrer Institut (PSI), aus Japan, Schweden, Frankreich gelungen, die physikalischen und chemischen Abläufe aufzuzeichnen, die sich innerhalb von wenigen Tausendstel einer Millionstelsekunde (Nanosekunde) abspielen. Damit konnten sie einen Film produzieren, der die Vorgänge Atom für Atom innerhalb der Pumpe namens Bacteriorhodopsin rekonstruiert, nachdem sie durch eintreffendes Licht aktiviert wurde.

Dafür wurden rund zwei Millionen kleiner Proteinkristalle mit dem Freie-Elektronen-Laser SACLA in Japan untersucht, der sehr kurze und starke Blitze aus Röntgenlicht auf die Proben schießt und damit einen präzisen Augenblick aufzeichnen kann. „Es ist wie ein Stroboskop-Blitzgerät“, erklärt der Biophysiker und Leiter der Forschungsgruppe serielle Kristallographie Jörg Standfuss. „Im Gegensatz zu einer Taschenlampe kann es ganz kurze Momente eines Bewegungsablaufs im Dunkeln sichtbar machen.“ Die enorm kurzen Lichtblitze erlauben es, Daten aufzuzeichnen, bevor die Proben durch die starken Röntgenstrahlen zerstört werden. Mithilfe der am 5. Dezember 2016 am PSI in Würenlingen eröffneten SwissFEL-Anlage müssen die Forschenden aus der Schweiz nicht mehr um die Welt reisen, um ihre Experimente durchzuführen.

Die Erkenntnisse aus der bakteriellen Pumpe haben ihr Anwendungspotential in unterschiedlichen Gebieten. So verwenden beispielsweise Forschende in der Neurobiologie ähnliche Pumpen, um bestimmte Nervenzellen im Gehirn von Versuchstieren mit Lichtpulsen gezielt an- und abzuschalten (Optogenetik).

Forschungsgruppen am PSI studieren schon länger mit Unterstützung des SNF die Fotorezeptoren im menschlichen Auge. „Das Sehen ist unser wichtigster Sinn und auch unsere innere Uhr wird von solchen Rezeptoren im Auge justiert“, sagt Gebhart Schertler, Biochemiker und Leiter des Bereichs für Biologie und Chemie. Mutationen in diesen Lichtrezeptoren haben vergleichbare Effekte auf die Funktionsweise wie in den bakteriellen Pumpen. Leichte Fälle können Nachtblindheit verursachen, während andere zu einer Degeneration der Netzhaut (Retinitis pigmentosa) führen. „Verschiedene Therapieansätze sind schon vorgeschlagen worden, aber bisher ist keiner davon auf den Markt gelangt“, so Schertler.

Die Resultate der Forschungsarbeiten am PSI aus früheren Analysen dieser Fotorezeptoren flossen in eine Zusammenarbeit mit der Firma Roche. Das Ziel: Wirkstoffe finden und weiterentwickeln, die als Krücke dienen können, um die fehlerhafte Funktion dieser Netzhautproteine zu kompensieren. Erste Ergebnisse dieser Suche sollen demnächst publiziert werden. Damit sei man zwar noch weit weg von einem konkreten Medikament, verfüge aber über vielversprechende Resultate.

Quelle:
Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF)
http://www.snf.ch

 

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