Künstlicher Muskel ermöglicht Lidschluss bei Fazialisparese

Plastische Chirurgen aus Kalifornien haben in den Archives of Facial Plastic Surgery (2010; 12: 30-36) eine Operation vorgeschlagen, die Patienten mit Fazialisparese einen natürlichen Lidschluss ermöglichen könnte, berichtet das Ärzteblatt online. Der bisher erst an Leichen durchgeführte Eingriff wäre die erste Anwendung von künstlichen Muskeln in der Medizin, heißt es weiter dort weiter.

Ein fehlender Lidschluss kann zu einer Schädigung der Kornea führen, wobei die Behandlung in Abhängigkeit von der Hornhautschädigung erfolgt: Bildet sich die Lähmung nicht zurück oder sind größere Schäden am Auge eingetreten, dann wird operativ ein teilweiser Verschluss von Ober- und Unterlid notwendig. Eine operative Option ist die Implantation eines kleinen Gewichtes ins Oberlid, das den Lidschluss ermöglichen soll.

Craig Senders und Mitarbeiter von der Universität in Sacramento haben nun eine alternative Vorgehensweise vorgeschlagen: In Oberlid und Unterlid wird jeweils ein Kunststofffaden implantiert. Beide Fäden sind nasal fest am Knochen verankert. Wenn von temporal an den beiden Fäden gezogen wird, erzwinge dies einen Lidschluss, so das Ärzteblatt online.

Nach dem Loslassen würden sich die Lider wieder öffnen. Für die Simulation des natürlichen Blinzelns, durch den die Cornea befeuchtet wird, fehle nur noch ein Motor, der schnell und regelmäßig an den Fäden ziehe, sowie eine neuronale Steuerung. Hierfür hätten sich die Chirurgen der Entwicklung einer kalifornischen Firma (SRI International in Menlo Park) bedient, die bereits vor einigen Jahren einen „künstlichen Muskel“entwickelt hätten. Bei dem „electroactive polymer artificial muscle“ (EPAM) handele sich um einen Kunststoff, der sich nach elektrischer Reizung schnell zusammenziehe. Äußerlich kaum sichtbar ließe er sich in der Fossa temporalis anbringen. Dort sei nach Überzeugung der Arbeitsgruppe um Senders auch Platz genug für eine kleine Batterie, die den Motor mit Strom versorge.

Ähnliche Aggregate würden auch bei Cochlear-Implants verwendet. Die Steuerung soll über einen Sensor erfolgen, der unter der Augenbraue auf der nicht gelähmten Gesichtshälfte implantiert würde. Er würde den natürlichen Lidschluss (oder ein willkürliches Blinzeln) erkennen und dann jeweils den Motor aktivieren, fasst das Ärzteblatt online den Bericht der Forscher zusammen. Erste operative Eingriffe an Leichenpräparaten seien erfolgreich verlaufen, nun werde das Verfahren weiter verfeinert. Die Arbeitsgruppe hoffe, innerhalb von fünf Jahren mit ersten klinischen Studien beginnen zu können.

http://www.ucdmc.ucdavis.edu/newsroom/releases/eye_blink_diagram_1-18-2010.html

Quelle: http://www.aerzteblatt.de

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