Informationssystem für blinde und sehbehinderte Menschen
Die Arbeitsgruppe Künstliche Intelligenz der Freien Universität Berlin hat unter der Leitung des Informatik-Professors Raúl Rojas ein neuartiges Informationssystem für blinde und sehbehinderte Menschen entwickelt. Ein Feldversuch soll das Gerät für die künftigen Nutzer optimieren: In den kommenden sechs Monaten wird es von 25 Personen getestet.
An dem Projekt namens “InformA” beteiligt ist die Arbeitsgruppe von Dr. Pablo Vidales in den Telekom Laboratories und der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin e. V. Nach dem Feldversuch wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Exist-Seed-Förderprogramms unterstützt; außerdem stellt IBM Deutschland finanzielle Mittel für die Weiterentwicklung an der Freien Universität zur Verfügung.
“InformA” ist ein kleiner Computer, der per Funk mit dem Internet verbunden ist. Das Gerät wird wie ein Radio bedient, der Benutzer kann zwischen verschiedenen Informationskanälen wählen. Auf Tastendruck wird die Uhrzeit oder der Wetterbericht angesagt, es stehen aber auch aktuelle Tageszeitungen als Audio-Dateien zur Verfügung (zurzeit der Tagesspiegel und die taz).
Darüber hinaus können E-Mails mit dem Gerät gelesen werden. Möchte der Nutzer auf die elektronische Post antworten, kann er seine Mitteilung diktieren. Mit einer integrierten Kamera können zudem gedruckte Dokumente wie Briefe oder Beipackzettel vollautomatisch vorgelesen werden. In komplizierten Fällen – etwa bei einer Heizkostenabrechnung – kann der Benutzer mit dem Gerät ein Bild des Dokuments aufnehmen und es an ein Callcenter schicken. Zivildienstleistende des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins Berlin helfen dann weiter. “InformA kann durch die Fülle der angebotenen Informationen auch für ältere Menschen ohne Computererfahrung von Interesse sein, die bisher keinen Zugang zu dem Informationsangebot des Internets gefunden haben”, sagte Projektleiter Raúl Rojas.
Für den Feldversuch haben sich bereits 25 Freiwillige gemeldet, in einer zweiten Phase sollen weitere 25 dazukommen. Die Teilnehmer werden im Laufe des Versuchs dazu befragt, wie sie mit dem Gerät zurechtkommen, um es zu optimieren. Die Teilnahme an dem Feldversuch ist kostenlos.
Dr. Armgard von Reden, Vertragsunterzeichnerin der Kooperation mit der Freien Universität und Director Governmental Programs bei IBM, erklärte: “Die Integration von Menschen mit Behinderung hat eine lange Tradition bei der IBM. Das gilt für unsere Produkte, an denen wir kontinuierlich arbeiten, um einen barrierefreien Zugang zur Informationsgesellschaft zu ermöglichen. Das gilt aber auch für die fast hundertjährige Tradition der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen bei der IBM.”
InformA ist ein Beispiel einer Information Appliance. Auch im Zeitalter des Internets ist es nicht immer notwendig, einen vollständig ausgestatteten Computer für die Online-Kommunikation zu verwenden. Spezialisierte Geräte, etwa Internetradios, können bestimmte Bedürfnisse abdecken, wenn sie klein, tragbar und einfach zu bedienen sind.
Die Deutsche Telekom stellt für die Teilnehmer der Feldversuche 50 DSL-Leitungen und genauso viele “InformA”-Geräte zur Verfügung. Nach dem Feldversuch fördert IBM Deutschland im Rahmen des Diversity-Programms das Projekt an der Freien Universität Berlin durch die Finanzierung von studentischen Hilfskräften und Computern.