Erste Ansätze zu einem im Labor gezüchteten Auge
Japanischen Forschern ist es im Ansatz gelungen, die Entwicklung eines Auges im Labor nachzustellen, berichtet das Deutsche Ärzteblatt und bezieht sich auf eine Veröffentlichung der Wissenschaftler in der Zeitschrift Nature (2011; 472: 51-56). Die Experimente seien ein erster Schritt zu einer allerdings noch fernen Retina-Transplantation.
Bei Fröschen sei es schon seit einiger Zeit möglich, durch die Aktivierung einiger weniger Gene die Entwicklung von Augen an allen möglichen Körperstellen zu induzieren, heißt es in dem Bericht. Dies sei der Gruppe um Yoshiki Sasai vom Forschungsinstitut Riken in Kyoto auch bei der Maus und außerhalb des Körpers gelungen.
Ihr Ausgangsmaterial bildeten embryonale Stammzellen. Diese hätten sich in einer Nährstofflösung unter Zusatz bestimmter Proteine in retinale Zellen differenzierten und nach dem Hinzufügen eines Gels spontan einen Zellverband gebildet. Am Tag 7 des Experiments hätten die Forscher eine Augenknospe beobachtet, die der Augenanlage in der Embryologie ähnelte. Die Entwicklung sei vorangeschritten und am Tag 10 habe sich ein doppelschichtiger Becher gebildet, der primitive Vorläufer des Auges in der Embryologie von Säugetieren. Aus dem vorderen Blatt des Augenbechers entwickeln sich später die neuronalen Sinneszellen der Retina, die Zellen des hinteren Blatts werden zu den Pigmentzellen der Retina. Den Beginn dieser Differenzierung konnten die Forscher beobachten, berichtet das Deutsche Ärzteblatt.
Die Wissenschaftler hätten außerdem die Kräfte erforscht, die die Entwicklung von der kugelförmigen Knospe zum Augenbecher steuern. Dies werde möglich, weil die Zellen am Übergang vom vorderen zum hinteren Blatt ihre Rigidität einbüßen und habe zur Folge, dass sich das vordere Blut beim weiteren Wachstum nach innen stülpe und schließlich auf das hintere Blatt der Knospe lege.
Sasai habe mit dem Experiment eine hundert Jahre alte Kontroverse in der Embryologie beantworten. Denn einige Forscher hätten vermutet, dass der Impuls zur Einstülpung von der Augenlinse ausgehe. Sie bilde sich aus dem Ektoderm, also der Haut, genau an der Stelle, an der die Augenanlage bei ihrem Wachstum auf die Haut trifft. Ein Teil des Ektoderms dringe dann in den Augenbecher ein und bilde dort später die Linse. Im experimentellen Ansatz der Japaner gebe es aber keine Linsenanlage und deshalb könne diese auch nicht die Bildung des Augenbechers angestoßen haben. Damit sei die Hypothese des deutschen Biologen Hans Spemann (1869-1941) bestätigt, der als Vater der experimentellen Embryologie gilt. Er hatte postuliert, dass sich der Augenbecher ohne äußeren Abstoß bildet.
Ob die von den japanischen Forschern im Labor kreierte Retina in der Lage wäre, Lichtsignale in Nervenimpulse umzusetzen, sei noch nicht klar. Diese müssten danach auch noch an den Sehnerven weitergeleitet werden. Die Hoffnungen auf ein Retina-Transplantat, das beispielsweise für Patienten mit Retinitis pigmentosa aus den Stammzellen des Patienten gezüchtet werden könnte, sei deshalb verfrüht. Die Studie zeige aber, dass die natürliche Entwicklung in der Embryonalphase vielleicht den Weg vorgebe, um die Erkenntnisse der Stammzellforschung zukünftig für die regenerative Medizin nutzen zu können.
Pressemeldung des RIKEN Center for Developmental Biology (CDB):
http://www.cdb.riken.go.jp/en/04_news/articles/11/110407_selfmadeeye.html
Quelle: Deutsches Ärzteblatt