Computerspiele sollen die Amblyopie-Therapie verbessern

Mehr als fünf Prozent aller Kinder in Deutschland leiden unter Amblyopie, eine häufige Form der Sehstörung. Wird diese Schwachsichtigkeit zu spät erkannt oder ist die Therapie erfolglos, droht Betroffenen im Erwachsenenalter eine schwere Sehbehinderung, die sie beruflich wie gesellschaftlich stark beeinträchtigen kann. Im Rahmen eines EU-Projekts, an dem eine Forschungsgruppe der Frankfurter Universitäts-Augenklinik teilnimmt, sollen neue Test- und Therapieansätze entwickelt und geprüft werden: Computerspiele sollen die Sehfähigkeit von Kindern verbessern. Entgegen bisheriger Annahmen sollen auch Jugendliche und junge Erwachsene von einer Amblyopie-Therapie profitieren, teilt die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) mit.

Bei der Standard-Therapie gegen Schwachsichtigkeit bekommt der Patient eine Brille gegen die Fehlsichtigkeit. Anschließend wird bei der so genannten Okklusionsmethode das sehstarke Auge mit einem Augenpflaster abgedeckt, um die Sehstärke des schwachen Auges zu trainieren. Mithilfe neurowissenschaftlicher Untersuchungen ist es Forschungsgruppen des EU-Projekts gelungen, Computerspiele zu entwickeln, die das schwachsichtige Auge und auch die beidäugige Zusammenarbeit stimulieren. Diese Spiele sollen in der Forschungseinheit „Sehstörungen des Kindesalters“ an der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Frankfurt am Main erstmalig in Deutschland erprobt werden. „Dieser neue Therapieansatz verspricht nicht nur eine bessere Wirksamkeit. Auch die Therapietreue der Patienten könnte durch anregende Spiele deutlich verbessert werden”, erläutert Professor Dr. med. Thomas Kohnen, Direktor der Frankfurter Augenklinik und diesjähriger DOG-Präsident. Anders als bei der Okklusions-Methode wird bei der Therapie am Bildschirm das schwächere Auge durch Erhöhung des Bildkontrastes stimuliert, während das starke Auge gleichzeitig mit einem reduzierten Bildkontrast konfrontiert wird.

Lange galt das Einschulungsalter von sechs bis sieben Jahren als Grenze der Therapierbarkeit für Kinder mit Amblyopie. „Der Grund ist die Reifung des Sehsystems. Je ausgereifter die Gehirnteile sind, die Sehreize verarbeiten, desto geringer ist der Therapieerfolg“, erklärt Privatdozentin Dr. med. Maria Fronius, Leiterin der Forschungsgruppe „Sehstörungen des Kindesalters“ am Universitätsklinikum Frankfurt am Main. „Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zeigen uns jedoch, dass eine erfolgreiche Amblyopie-Therapie auch im Schulalter noch möglich ist.“ Zwar nimmt die Plastizität des Sehsystems bis zum 16. Lebensjahr ab. „Doch die Erkenntnis, dass die Sehstörung auch in der späteren Kindheit behandelt werden kann, eröffnet neue Möglichkeiten”, so Fronius.

Die Gruppe um Fronius widmet sich darüber hinaus neuartigen Tests zur Untersuchung des beidäugigen, dreidimensionalen Sehens. „Wir nutzen hierfür moderne Display-Technologien mittels Tablet-PC, 3D-Monitor oder Virtual-Reality-Brillen”, erklärt die DOG-Expertin. Mit ihrer Forschung wollen die Wissenschaftler verhindern helfen, dass sehschwache Menschen von beruflichen Möglichkeiten wie einer Karriere als Pilot oder sozialen Aktivitäten wie Fernsehen, Kino und Computerspielen ausgeschlossen werden.

Die Wissenschaftlerin warnt jedoch vor zu hohen Erwartungen und auch vor möglichen Risiken. „Die Forschung steckt noch in den Kinderschuhen und die gewonnenen Erkenntnisse müssen in weiteren Studien erprobt werden“, sagt Fronius. Zugleich rät sie Patienten davon ab, sich im Internet alternativen Behandlungsmethoden ohne Rücksprache mit dem Arzt zu unterziehen. „Therapien sollten ausschließlich mit fachlicher Begleitung unter engmaschigen Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden“, betont die DOG-Expertin.

Quelle:
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG)

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