Neuer Ansatz zur Therapie von hoher Myopie

Das Forscherteam um Dr. Mike Francke und Dr. Joanna Stachnik von der Universität Leipzig forscht zur Behandlung von starker pathologisch voranschreitender Kurzsichtigkeit. Für ihren neuen Therapieansatz entwickeln sie ein innovatives chirurgisches Medizinprodukt. Nun folgende Tests zielen darauf, dass in zwei Jahren versuchsweise der erste Patient behandelt werden kann.

Gegenwärtig sind in Deutschland rund 35 Prozent aller Erwachsenen kurzsichtig, in einigen Städten Ostasiens sogar bis zu 90 Prozent. Prognosen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2050 etwa 938 Millionen der Weltbevölkerung an besonders starker Kurzsichtigkeit leiden werden. Gründe dafür sind die Arbeiten am Computer, Tablets und Smartphones – sie erfordern verstärktes Nahsehen, das Auge wird einseitig belastet. Bisher gibt es keine wirksame Behandlung für die Betroffenen, die an hoher Myopie ab leiden und oftmals von Erblindung betroffen sind. Von starker Kurzsichtigkeit spricht man ab -6 Dioptrien.

Die Forschergruppe um Dr. Mike Francke und Dr. Joanna Stachnik vom Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung der Medizinischen Fakultät unter Leitung von Prof. Thomas Arendt, forschen seit Jahren zur Beschaffenheit der Sklera, um einer pathologisch fortschreitenden Myopie entgegenwirken zu können. In Tierversuchen konnten sie eine Augenausdehnung mit Blaulichtbestrahlung und Riboflavin erfolgreich aufhalten, ohne dabei umliegendes Gewebe zu schädigen. Jetzt arbeitet das Forscherteam an einer Operationstechnik, das die Form des Auges stabilisieren soll. Das Medizinprodukt ist ein „Substance Application and Irradiation System“ (SAIS) und verleiht dem Forschungsprojekt seinen Namen. „Die Entwicklung soll einen minimalinvasiven Eingriff zum Ziel haben. Das stellt uns und die Hersteller vor komplexe technische Herausforderungen. Derzeit entwickeln wir unser innovatives chirurgisches Medizinprodukt, welches noch in präklinischen Untersuchungen getestet werden muss. Wir nennen es aufgrund seiner Form liebevoll den Leipziger Löffel. Des Weiteren müssen wir das Applikationsregime von Licht und Riboflavin noch optimieren“, so Francke.
Auf Einladung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) reiste Francke mit einer Delegation deutscher Start-ups und Gründerteams nach Taicang und Nanjing, China, um dort das SAIS-Forschungsprojekt vorzustellen. Die geschäftlichen Anbahnungen können den Markteintritt des Medizinprodukts beschleunigen. Bei der Firmenausgründung steht dem Forscherteam um Francke und Stachnik die Selbstmanagementinitiative Leipzig (SMILE) zur Seite. SMILE ist ein Kooperationsprojekt der Universität Leipzig, der HHL Leipzig Graduate School of Management, des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ). Es unterstützt wissenschaftliche Mitarbeiter kostenfrei auf ihrem Weg in die berufliche Selbstständigkeit.

Auf dem Weg zur Firmengründung müssen noch viele Fragen geklärt werden, wie zu Patentverfahren, der Businessplanentwicklung oder zur Investorensuche. Der Erfolg der präklinischen Studie über den neuen Behandlungsansatz der Augenheilkunde ist dafür die notwendige Voraussetzung. In den nächsten zwei Jahren versucht das Forscherteam in präklinischen Tests, das chirurgische System und den Therapieansatz soweit zu entwickeln, dass im Rahmen eines Heilversuches der erste Patient behandelt werden kann.

Das Forschungsprojekt ist am Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig angesiedelt. Es wird durch das SIKT (Sächsischer Inkubator für klinische Translation) und das Dezernat für Forschung und Transfer unterstützt. Es wird mit 1,3 Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und aus ESF-Mitteln gefördert.

Quelle:
Universität Leipzig

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