Erregungsgrad beeinflusst visuelle Wahrnehmung
Was wir sehen, ist nicht einfach nur eine neuronale Repräsentation des optischen Eindrucks im Auge, sondern eine Interpretation dieses Bildes, bei der auch unsere Bedürfnisse und Erwartungen einfließen. Diese Faktoren werden durch frühere Erfahrungen geprägt und hängen auch von inneren Zuständen wie unserer Verhaltensaktivität und unserer Wachsamkeit oder Aufmerksamkeit ab – zusammen oft als Erregungszustand (engl. „arousal“) bezeichnet. In einer Publikation, die im Fachmagazin „PLoS Biology“ veröffentlicht wurde, haben Forschende der LMU, der Universität Freiburg sowie des Bernstein Centers für Computational Neuroscience die neuronale Aktivität im visuellen Thalamus analysiert.
Dabei handelt es sich um ein Hirnareal, das visuelle Signale direkt vom Auge über den Sehnerv empfängt, verarbeitet und weitergibt. Um genau zu sein: Sie untersuchten den thalamischen Nucleus dorsalis lateralis geniculae (dLGN), die primäre Schaltstelle für visuelle Signale von der Netzhaut zum visuellen Kortex. „Es ist seit Langem bekannt, dass die Neuronen des dLGN, wie auch die Neuronen in anderen thalamischen Kernen, auffällige Aktivitätsmuster aufweisen, die mit Erregung in Verbindung stehen“, erklärt LMU-Professorin Laura Busse, Leiterin der Studie und künftig Principal Investigator im Exzellenzcluster SyNergy. Insbesondere wurden zwei zustandsabhängige Feuerungsmodi beschrieben: Burst-Firing, das eher bei niedriger Erregung und Verhaltensinaktivität auftritt, und tonisches Feuern, das bei Wachsamkeit beobachtet wird.
„Wir entdeckten, dass während bestimmter Phasen der Pupillenerweiterung und -verengung unterschiedliche Muster neuronaler Aktivierung auftreten“, so Prof. Christian Leibold von der Universität Freiburg und dem Bernstein Center für Computational Neuroscience, ebenfalls Autor der Studie. „Die elektrische Aktivität im visuellen Thalamus ist über zeitliche Skalen von Sekunden bis mehreren Minuten mit der Pupillendynamik gekoppelt.“ Diese Verschiebung der neuronalen Aktivitätsmuster bei Erregung war robust: Sie hing nicht von anderen Faktoren ab, wie zum Beispiel davon, was das Tier sah und ob es sich bewegte, stillsaß oder seine Augen bewegte.
Originalpublikation: https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3002614
Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München