BVA fordert Strukturen für steigenden Versorgungsbedarf
Für Patienten mit feuchter altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) stehen mittlerweile Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die wesentlich dazu beitragen, dass heute weniger Menschen aufgrund dieser Netzhauterkrankung erblinden. Dennoch bestehe, auch angesichts der zu erwartenden steigenden Behandlungsfälle, Optimierungsbedarf im deutschen Gesundheitssystem. Darauf macht Prof. Dr. Bernd Bertram, der erste Vorsitzende des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA), aufmerksam.
Die Makula ist der zentrale Bereich der Netzhaut, hier sind besonders viele lichtempfindliche Zellen angesiedelt und dieser Bereich ist die Stelle des schärfsten Sehens. Bei der AMD sterben die lichtempfindlichen Zellen nach und nach ab. Zunächst lassen Farben- und Kontrastsehen nach, später schwindet das zentrale Sehvermögen: Ein grauer Fleck erscheint dort, wo man hinschaut. Die häufigere trockene AMD schreitet nur langsam voran. Doch bei einigen Patienten entwickelt sich die aggressivere feuchte Form. Hier wachsen krankhafte Blutgefäße im Bereich der Makula, aus denen Flüssigkeit austritt. Diese Flüssigkeit hebt die Netzhaut von der sie ernährenden Zellschicht ab. Verzerrtes Sehen deutet auf die Flüssigkeitsansammlung unter der Makula hin – gerade Linien erscheinen plötzlich krumm. Unbehandelt führt diese Krankheit zu einer gravierenden Sehminderung bis hin zur Erblindung im Sinne des Gesetzes, auch wenn das periphere Sehen erhalten bleibt, wodurch sich die Betroffenen noch im Raum orientieren können.
Die Anti-VEGF-Behandlung
Für die trockene Form der AMD gibt es bisher keine zugelassene Therapie, doch die feuchte AMD ist heute behandelbar. Medikamente, die den Botenstoff VEGF hemmen, sorgen dafür, dass die krankhaften Gefäße „abgedichtet“ werden und dass das Ödem wieder abgebaut wird. Seit vor zehn Jahren der erste dieser Wirkstoffe zugelassen wurde, haben viele Menschen von der Behandlung profitiert. Doch die Erfahrungen aus der täglichen Praxis zeigen, dass die Ergebnisse oft hinter denen der Studien, die die Grundlage für die Zulassung waren, zurückbleiben. Die VEGF-Hemmer werden zu Beginn der Behandlung drei Mal im Abstand von einem Monat direkt in den Glaskörperraum des betroffenen Auges verabreicht. Danach hängt die Weiterbehandlung von der individuellen Krankheitsaktivität ab. Häufig lässt sich der Gewinn an Sehschärfe, der nach den ersten drei Behandlungen eintrat, aber nicht über die folgenden Monate und Jahre halten. Denn die Therapie ist aufwändig – die Patienten müssen häufig zum Arzt zu Kontrolluntersuchungen und gegebenenfalls zur Wiederbehandlung.
Verschiedene Faktoren sind für den Erfolg der Behandlung ausschlaggebend, die wichtigsten sind ein möglichst früher Beginn der Behandlung und die Häufigkeit der Medikamenten-Eingaben in den Glaskörper.
Kooperation von Patienten und Ärzten
Hier ist die aktive Zusammenarbeit von Ärzten, Patienten und auch Angehörigen gefragt. Denn nur, wenn die Patienten schon frühzeitig ihre Augen untersuchen lassen, wenn sie ihre Termine zuverlässig wahrnehmen und die Behandlung rechtzeitig fortgesetzt wird, bleibt das Augenlicht erhalten.
Strukturen schaffen und finanzieren
Zudem ist es wichtig, dass die augenärztlichen Praxen über die notwendige technische und personelle Ausstattung verfügen, um die große – und weiterhin wachsende – Zahl von Patienten mit notwendiger hochauflösender Diagnostik angemessen zu betreuen. Der Bedarf an augenärztlichen Leistungen ist durch die Innovationen in der Augenheilkunde schon in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Patienten, denen Augenärzte früher noch keine Therapie anbieten konnten, kommen nun mehrmals im Jahr zu aufwändigen Untersuchungen und Behandlungen in die Praxen und Kliniken. Zugleich sorgt die demographische Entwicklung dafür, dass die Anzahl der Menschen, die wegen einer altersbedingen Erkrankung einen Augenarzt aufsuchen, auch in den kommenden Jahren weiter wachsen wird: Bis zum Jahr 2030 rechnet der BVA mit 7,7 Millionen zusätzlichen Behandlungsfällen aufgrund altersbedingter Augenkrankheiten, zu denen neben der AMD auch das Glaukom und die Katarakt zählen.
Ausblick: der Bedarf wird weiter steigen
Nicht nur die demographische Entwicklung wird in den nächsten Jahren dazu beitragen, dass der Bedarf an augenmedizinischen Leistungen wachsen wird. Neue Wirkstoffe werden die Behandlungsmöglichkeiten hoffentlich noch erweitern, so dass in einigen Jahren noch mehr Patienten vor Sehverlust bewahrt werden können. Ein Beispiel dafür ist die Therapie der trockenen Form der AMD. Hier befindet sich ein Wirkstoff in der Erprobung. Noch ist er nicht für die Patientenversorgung verfügbar. Doch wenn die Zulassungsstudien erfolgreich sein sollten, könnte die Zahl der Patienten deutlich wachsen, die dank einer intensiven Betreuung Hoffnung auf den Erhalt ihrer Sehfähigkeit haben werden.
Woche des Sehens vom 8. bis 15. Oktober 2017
Die Sehfähigkeit ihrer Patienten zu erhalten, ist ein Ziel, das Augenärzte stets im Blick haben. „Das Ziel im Blick!“ ist auch das Thema der diesjährigen Woche des Sehens, die vom 8. bis 15. Oktober bereits zum 16. Mal stattfindet und erneut unter der Schirmherrschaft der Fernsehjournalistin Gundula Gause steht. Organisatoren und Veranstalter machen im Verlauf der Woche auf die Bedeutung guten Sehvermögens, die Ursachen vermeidbarer Blindheit sowie die Lage blinder und sehbehinderter Menschen in Deutschland und weltweit aufmerksam. Getragen wird die Kampagne von der Christoffel-Blindenmission, dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, dem Berufsverband der Augenärzte, dem Deutschen Komitee zur Verhütung von Blindheit, der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, dem Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf sowie der PRO RETINA Deutschland. Unterstützt wird sie zudem von der Aktion Mensch, der Carl Zeiss Meditec AG, der Carl Zeiss Vision International GmbH und der VANDA Pharmaceuticals Germany GmbH.
Weitere Informationen:
http://www.woche-des-sehens.de
Quelle:
BVA
http://www.augeninfo.org